Wege im Poppenwald

 

Der ca. 130 ha große Poppenwald ist mit seinen vielen Wegen, deren Namen vielen von uns nicht mehr geläufig sind, ein Paradies für Wander- und Naturfreunde. Ich möchte versuchen, diese Wege mit ihren Namen wieder ins Gedächtnis zu rufen.Weil dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, wäre ich allen dankbar, die mir weitere Wegenamen nennen können.
Die Königliche Forstvermessung hat im Jahre 1855 den Poppenwald vermessen. Im vorliegenden "Mensel-Blatt" können wir die ersten fünf Wegenamen finden.
Der wahrscheinlich damals wichtigste Weg war der "MÜHLWEG". Dieser Weg war lange Zeit die Hauptverbindung zwischen Wildbach und Niederschlema. Seinen Anfang nahm dieser Weg am Forsthaus, also am Ortsausgang. Er führt durch den oberen Poppenwald am Hang des Schafberges vorbei und mündet in Niederschlema noch heute als Mühlweg in die Hauptstraße. In Wildbach hat man im Bereich der ohnbebauung aus dem Mühlweg den Waldweg gemacht. Diese Bezeichnung ist aus historischer Sicht nicht korrekt. Des Weiteren kann mit unserem Mühlweg kein Bezug zur "Clausmühle" hergestellt werden, da dieses Gebäude erst 1865 errichtet wurde. Woher der Mühlweg seinen Namen hat, soll und kann hier nicht geklärt werden.
Der zweite benannte Weg ist der "KESSELWEG". Dieser Weg führte vom Forsthaus in den "Kessel". Als Kessel wurde der Teil des Poppenwaldes bezeichnet, der im Muldebogen liegt. Vom ursprünglichen Kesselweg ist nicht mehr viel vorhanden.Vielleicht kann man den "PRAUSWEG", der vom Forsthaus zur Straße führt, als Überbleibsel des Kesselweges bezeichnen. Den weiteren Verlauf des Weges nimmt die Straße bis zum Bismarckstein ein. Von da an verlief er hangabwärts und erreichte dort, wo die Straße nach Wildbach abzweigt, den Kessel. Bis zum Bau der Kompressorenstation und den dazu erforderlichen Rohrleitungen wurde der Kesselweg genutzt, zumal er sich mit dem späteren "SCHLEIFEREIWEG" einen Abschnitt teilen musste.
Durch den Eisenbahnbau wurde der Kesselweg unterbrochen. Eine als "Försterbrücke" bekannte Brücke erhielt aber die Verbindung zum Kessel aufrecht. Moderne Vandalen in Talar und Nadelstreifen haben diese Brücke vor einigen Jahren zerstört.
Auch unser dritter Weg begann am Forsthaus. Es ist der "STOLLENWEG". Der Stollenweg ist in seiner Streckenführung bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Kurz nach dem Ortsausgang betreten wir, wenn wir die Hauptstraße nach links verlassen, den Stollenweg. Der Stollenweg verläuft hier schräg nach rechts und führt fast schnurgerade in den "STOLL" bzw. "STOLLEN". In seinem unteren Teil wird der Stollenweg zu einem Hohlweg. Dort, wo der Hohlweg beginnt, können wir links einen Hügel erkennen, der einer Turmhügelburg zuzuordnen ist.
Am Steilhang der Mulde zeugte ein Griebenherd von menschlicher Tätigkeit in diesem Gebiet. Haben wir auf unserem Weg die Muldeaue erreicht, können wir links Geländestufen erkennen, die entweder von bergbaulicher Arbeit zeugen oder durch verschiedene Hochwasser gebildet wurden. Wenige Meter nach rechts erreichen wir den Stollen. Hier sieht man als erstes Müll und Schutt. Nach Kriegsende durfte hier lange Zeit Müll verbracht werden. Hinter oder unter diesem Müll sollen sich Stollen befinden. Dass diese Stollen oder Mundlöcher vorhanden sind, steht außer Frage. Allein der Namen unseres Weges reicht als Beweis. Gehen wir noch ein Stück muldeaufwärts, so erreichen wir einen Steinbruch. Hier wurden, wie auch im Bereich unserer Stollen, die Steine für die Wehranlage, für den Einlauf des Obergrabens und für die Fundamente der Toellebrücke gebrochen.
Der "BÄRENBRUMWEG", unser vierter Weg, verweist gemeinsam mit dem Borbach auf das Vorhandensein von Bären in dieser Gegend. Als Bärenbrumweg nimmt er seinen Anfang am heutigen Bismarckstein. Von da an überdecken ihn heute ca. 200 Meter Asphaltstraße. Nach rechts abbiegend hat er eine kurze gemeinsame Strecke mit dem Weg ins "HOHE RIES".
Der Bärenbrumweg sucht sich dann seinen Weg am Muldenhang, führte dort an einem Mundloch, der Bärenhöhle vorbei und verließ dann den Poppenwald in Richtung Niederschlema. War der Mühlweg ein Fahr- und Fußweg, so war der Bärenbrumweg ein reiner Fußweg in Richtung Niederschlema. Bis zur Verbreiterung der Talstraße und dem Bau der Schutzmauer gegen Steinschlag wurde der Weg als Arbeitsweg genutzt. Heute kann dieser Weg nicht mehr begangen werden. Bei Ortskenntnis kann man besonders im Winter seinen Verlauf in einem begrenzten Bereich noch erkennen.
Der fünfte und damit letzte im "Mensel-Blatt" aufgeführte Weg ist der "PFLANZGARTEN-WEG". Dieser ist heute in unterschiedlicher Form noch vorhanden. Von der Toellebrücke bis zum Bismarckstein ist er mit geringen Abweichungen mit dem jetzigen Weg identisch. Die Pflasterstraße zum Schacht 372 ist bis zur leichten Linkskurve der weitere Verlauf. Ein Rest des Weges ist rechts im Wald noch zu erkennen. Die Halde verdeckt seinen weiteren Verlauf, bis er am "Lorenzstein" auf den Mühlweg trifft. Der Namensgeber unseres Weges, der damalige "Pflanzgarten", lag im Bereich der Halde Schacht 372. Die ersten Wege habe ich nach vorliegender Kenntnis beschrieben. Erwähnenswert ist vielleicht, dass am Bismarckstein ein Wegeknotenpunkt des Poppenwaldes war.
Die fortschreitende Industrialisierung im Muldetal bescherte dem Poppenwald neue Wegenamen. Ab 1881 begann die in Niederschlema ansässige Firma "Vereinigte Holzstoff- und Papierfabriken AG", als HP bekannt, in dem als "Kessel" bekannten Teil des Poppenwaldes mit dem Bau der "Poppenwald-Holzschleiferei". Um die Baustelle bzw. spätere Produktionsstätte zu erreichen, wurde der "FABRIKWEG" angelegt. Die "TALSTRASSE" ist bis kurz vor der jetzt vorhandenen Muldenbrücke mit dem Fabrikweg identisch. Unser Fabrikweg endete, solange er diesen Namen führte, bei der "Poppenwald-Holzschleiferei". Der schon an anderer Stelle erwähnte "SCHLEIFEREIWEG" mündete dort, wo noch heute Stufen die Böschung begehbar machen.
Der Niederschlemaer Fabrikant Gustav Toelle errichtete ungefähr zur gleichen Zeit am rechten Muldeufer unterhalb der Prinzenhöhle die "Prinzenhöhle-Holzschleiferei". Aus diesem Grund wurde die heute zerstörte "Toellebrücke" gebaut. Die vorhandenen Wege wie der "Pflanzgartenweg" und der "Bärenbrumweg" wurden für den erhöhten Fuhrwerksverkehr teilweise ausgebaut. Die " ALTE WILDBACHER STRASSE" war der neu geschaffene Teil des auf seiner gesamten Länge als "Fabrikweg" eingetragenen Weges. Mit dem Fabrikweg verlor der Mühlweg an Bedeutung.
Um 1900 führte noch ein "SCHIENEWEG" durch den Poppenwald. Der zweispurige Ausbau der Bahnstrecke verhalf dem Poppenwald zu diesem Weg. Es sollte aber noch ein Weg hinzukommen. Um die Bahntrasse durch den "Kessel" zu führen, bedurfte es eines tiefen Geländeeinschnittes. Es wurden Sprengarbeiten erforderlich. Zur Lagerung der Sprengstoffe musste ein Pulverhaus bzw. eine "Pulverhütte" gebaut werden. Ihr Standort war in Parzelle 442. Diese "Pulverhütte" gab unserem nächsten Weg den Namen "PULVERHÜTTENWEG".
Der Weg führte, am Fabrikweg beginnend, talwärts am Steinbruch vorbei, querte den Schleifereiweg und kam mit dem Kesselweg zum Fabrikweg, der zur Schleiferei führt. In den Jahren 1921 bis 1923 und 1925 bis 1928 wurde in zwei Etappen die Talstraße zwischen Schlema und Hartenstein gebaut. Diese Straße, die im Poppenwald einen Teil des Fabrikweges ersetzte, wurde im Laufe der Jahre mehrmals verbreitert.
Als in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts der Schacht 372 im Poppenwald getäuft wurde, war auch eine neue Straße erforderlich. Diese Straße ist Zufahrtstraße nach Wildbach; der original erhaltene gepflasterte Teil führt zur sanierten Halde.
Der Poppenwald hat aber auch noch Weg, deren Namen Wahrnehmungen und Befindlichkeiten von Menschen ausdrücken. Einer dieser Wege ist der "ROSENWEG". Er nimmt seinen Anfang an dem Weg, den wir als Pflanzgartenweg und später als Fabrikweg kennengelernt haben. Er führt bergan an der Radiumquelle vorbei, dann überquert er die Zufahrtsstraße nach Wildbach und führt, nachdem die Halde saniert ist, ungehindert zum Mühlweg. Wer der Schöpfer dieses Namens ist, ist nicht belegt, bekannt sind aber die vielen Heckenrosen, die diesen Weg säumten.
Mit dem nächsten Weg machen wir einen Spaziergang in den Winter. Gemeint ist der "ADVENTSWEG". Dieser Weg beginnt am Steinbruch, der auch als Standort der "MÜNCHBUDE" bekannt ist und endet an der "HANSENWIESE". Seinen Namen erhielt er von der Familie Praus, weil dieser Weg in der Adventszeit angelegt wurde. Auch für den Namen des nächsten Weges stand die Familie Praus Pate. Es handelt sich um den "POETENSTEIG". Ursprünglich als Wirtschaftsweg, mit kurzem Zugang zum Poppenwald, von Vorgängern des Artur Praus angelegt, führte er vom Forsthaus kommend über den "Förstergraben" in den Wald. Die Wegeführung des Poetensteigs ist noch recht gut zu erkennen. Die Brücke über den Förstergraben gibt es nicht mehr. Der Teil, auf dem der Steig von der Schulwiese kommend aufbindet und unterhalb der "Radiumquelle" auf den Rosenweg trifft, ist noch gut erhalten. Er verliert sich dann im Baumbestand und setzt sich vom Stollenweg bis zum Fabrikweg fort.
Klären wir nun den Namen. Artur Praus war nicht nur Forstfachmann, sondern auch musisch veranlagt. In dieser Eigenschaft verfasste er Gedichte, die er seiner Familie zu Gehör brachte. Und wie das so ist, hat man ganz schnell einen Beinamen weg. Leider sind von seinen Gedichten keine erhalten geblieben.
Im Poppenwald gibt es noch eine Anzahl namenloser Wege und Steige. Sie sind oder waren Wirtschaftsweg des Forstes, Wege, die durch die Tätigkeit der Wismut neu entstanden und Steige, die den Arbeitsweg z. B. zum Schacht 371 verkürzten.
Um der geheimnisvollen Seite des Poppenwaldes gerecht zu werden, möchte ich mich doch mit einem dieser namenlosen Wege befassen. Kurz nachdem der Mühlweg in Richtung Bad Schlema ansteigt, geht rechts ein Weg in den Wald. Dieser Weg verläuft fast parallel zum Hang. Am Beginn des Weges lag der Stein, der auf unserem Friedhof die Tafel mit dem Paul Fleming-Zitat trägt. Hat dieser Stein nicht zwei schöne "Bergspitzen"? Wäre man den Weg vor sechs Jahren gelaufen, hätte eine mächtige Buche unseren Weg gesäumt. Buchen gibt es im Poppenwald viele, doch diese war eine besondere. Sie hatte nämlich neben äußeren Markierungen und Einritzungen tief im Inneren ihres Stammes deutlich zu lesende Zahlen und Buchstaben. Geht man weiter voran, findet man einen flachen Stein, der aus dem Boden ragt. Einige Schritte weiter stößt man auf einen Findling in Form einer Pyramide. Läuft man weiter und überschreitet den dort verlaufenden Wirtschaftsweg, konnte man eine in Eichenbohlen gefasste Wasserstelle erkennen.
Im Übrigen führen viele Wege nach Rom und viele Wege führen in den Poppenwald hinein und wieder heraus.

Jürgen Hüller im Auftrag des Heimatvereins Wildbach e.V.